Ihr Projekt „Madonna Angels“ ist ein Lichtblick für verwaiste Kinder in Nigeria – doch nicht nur ihr Projekt. Schwester Mary selbst gibt den vielen im Elend geborenen Kindern Hoffnung, Stärke, Halt. Zur Zeit ist die-beeindruckende und überaus bescheidene Ordensfrau zu Gast bei ihren Freunden in Kolbermoor.
VON EVA-MARIA GRUBER
Kolbermoor – Im Traum sei ihr der Herr erschienen und habe zu ihr gesagt: ,,Mary, hilf den Kindern.“ Sie habe in diesem Traum Gott gespürt, ihn und die Kinder rufen gehört.
Schwester Mary hat sich diesem Ruf gestellt. Ein Ruf, der nicht leicht war und ist, wie sie bei ihrem Besuch in der Redaktion des Mangfallboten in Kolbermoor gesteht. Gottes Wege sind mit Herausforderungen verbunden -Herausforderungen, die mitunter sogar den Einsatz des eigenen Lebens fordern. So ist in ihren Erzählungen vom Alltag in Nigeria von Entführung, von Tod, von Missbrauch die Rede, aber auch von großer Freude und von den vielen Talenten, die in den Kindern stecken – und die die Ordensschwester zusamen mit ihren 13 Mitschwestern durch Schulbildung wecken und fördern will. ,,Bildung ist das Fundament“, sagt Schwester Mary resolut.
Wer auf die elenden Lebensbedingungen in Nigeria blickt, den wundert nicht, dass Schwester Mary mit ihrem Projekt „Madonna Angels“ inzwischen zu einer Art Ikone in der Stadt Atani geworden ist. Buchstäblich mit nichts ist sie in diese Stadt aufgebrochen und hat sich den verwaisten Kindern zugewandt. Inzwischen leben 44 davon in der Obhut der Schwester. Das Waisenhaus sei nach europäischem Standard gebaut, führt Marianne Mayer aus, was es erheblich unterscheidet von den umliegenden Bauten. Mayer weiß, wovon sie spricht, hat sie doch ihre Freundin in Nigeria besucht, sich selbst ein Bild von den dortigen Zuständen gemacht. Beeindruckend und belastend sei das Erlebte, betont Mayer. Belastend deshalb, weil die Kluft zwischen dem Leben hier in Europa und dem Leben dort in Nigeria größer nicht sein könnte. ,,Wir leben hier im Paradies – aber ein Paradies, das auf den Rücken anderer aufgebaut ist“, so Mayer.
„Madonna Angels“ ist ein Projekt, das 2003 von Schwester Augustina Uyanne ins Leben gerufen wurde. Mit Hilfe von Spenden errichtete sie in ihrer Heimat, der Erzdiözese Onitsha, ein Waisenhaus – das einzige in der ganzen Umgebung. In Ogbaru (Onitsha) leben, wie in ganz Nigeria, 70 Prozent der Bevölkerung in Armut. Fließend Wasser und ausreichend Nahrung sind Luxusgüter, die sich nur ein geringer Teil der Bevölkerung leisten kann. Mit fast vier Millionen Aidskranken und aufgrund mangelnder medizinischer Versorgung liegt die durchschnittliche Lebenserwartung in Nigeria bei 49 Jahren. Viele Kinder haben ihre Eltern durch Aids oder andere Krankheifen verloren. Sie leben als Vollwaisen auf der Straße. Um ihnen eine Perspektive für die Zukunft und ein sorgendes Zuhause zu geben, sammelt Schwester Mary in Deutschland für den Bau und den Unterhalt des Waisenhauses „Madonna Angels Orphanage Horne“.
Seit 2003 unterstützen die Kolbermoorer die Schwestern in Nigeria. Den Erstkontakt knüpfte damals Katharina Hauser, 2007 wurde der Verein „Madonna Angels“ in Kolbermoor gegründet. Jetzt konnten Spendenquittungen ausgestellt werden – und die Bereitschaft zu spenden war und ist in Kolbermoor groß. Inzwischen sind schon rund 360 000 Euro zusammen gekommen. Über 20 ständige Patenschaften ermöglichen nachhaltig den Betrieb des Waisenhauses. Wer jetzt glaubt, Schwester Mary sieht sich nur noch als Verwalterin des bisher Geschaffenen, hat sich getäuscht: Als nächstes Projekt will die Ordensfrau einen Kindergarten bauen -ebenfalls nach europäischen Standards, denn der Kindergarten der Stadt ist „eine Betonruine mit ein paar Plastikstühlen direkt neben der Hauptstraße“, weiß Marianne Mayer. Beim Lebenslauf für Schwester Mary, der kürzlich in Bad Aibling stattfand, wurden hierfür schon 16 000 Euro gesammelt.
Ja, und dann muss die Missionsschwester noch vom zuständigen Bischof die Zustimmung für ihren neu gegründeten Orden „Missionsschwestern von Maria, Mutter der Zuflucht“ bekommen. Die Konstitution ist schon ausgearbeitet, liegt dem hohen Würdenträger vor und wurde schon befürwortet.
Woher sie die Kraft für ihre großen Aufgaben nimmt? Lächelnd deutet sie mit dem Zeigefinger nach oben und verweist auf die Bibel. Trost und Zuversicht schöpfe sie aus dem Gleichnis vom Gericht des Menschensohns über die Völker (Matthäus 25, 31 ff): ,,Amen, ich sage euch: Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan.“
Mit dem Wissen um die gute Führung Gottes bricht Schwester Mary Ende August wieder auf zu den Waisenkindern – sie weiß, sie ist nicht allein: Auch die Kolbermoorer stehen ihr zur Seite.