Wenn man die zahlreichen wohltätigen Projekte aufzählt, die in Kolbermoor laufen oder von Kolbermoor aus unterstützt werden, so sieht man die überaus große Hilfs- und Spendenbereitschaft der Bevölkerung. Eines dieser Projekte hat sich in letzter Zeit ganz besonders erfreulich entwickelt: das Waisenhaus von Schwester Mary Augustina Uyanne in Atani/Nigeria, das von Förderverein „Madonna Angels“ von hier aus unterstützt wird.
VON LEONHARD SEDLBAUER
Kolbermoor – Das Projekt hatte im Jahr 2003 seinen Anfang genommen. Nach der Gründung des Fördervereins und der Ubernahme der Schirmherrschaft des Projektes durch Bürgermeister Peter Kloo waren noch viele Probleme zu lösen und auch Rückschläge hinzunehmen, ehe im Jahr 2014 die Einweihung des Hauses stattfinden konnte. Auch weiterhin sind jedoch viel Arbeit und Geld zu investieren, um einen Weiterbetrieb des Waisenhauses garantieren zu können. Daher ist es Schwester Mary und ihrem Team vom Förderverein immer ein Anliegen, die Spender und Interessierten aus Kolbermoor und Umgebung über den Fortgang des Projektes zu informieren. Ein solcher Infonachmittag fand jetzt wieder im Pfarrsaal der Heiligen Dreifaltigkeit statt.
Vorsitzender Helmut Kaps hatte dazu die überaus zahlreich erschienenen Förderer und Besucher, unter ihnen auch Stadtpfarrer Maurus Scheurenbrand, begrüßt, bevor die Zweite Vorsitzende der „Madonna Angels“, Marianne Mayer, erklärte, warum im vergangenen Jahr kein Infonachmittag stattfinden konnte: Bedingt durch eine Falschanzeige wurden Schwester Mary und ihre Mitarbeiter in einer Nachtund-Nebel-Aktion im vergangenen Jahr verhaftet, das Heim wurde geräumt. Nur durch die tatkräftige Hilfe von Freunden und Verwandten vor Ort konnte Schlimmeres verhindert werden. Inzwischen sei die Verleumdung von den Behörden glücklicherweise als solche erkannt worden und die Regierung habe die Erlaubnis zum Weiterbetrieb des Waisenhauses gegeben.
Marianne Mayer berichtete dann in einem ausführlichen Lichtbildervortrag über die aktuelle Situation. Zurzeit beherbergt das Haus insgesamt 34 Kinder, vom Säugling bis zum Jugendlichen. Mittlerweile würden auch oft junge Schwangere aufgenommen, die von ihren Familien verstoßen wurden und die in ihrer Heimat sonst keine Möglichkeiten hätten, ihre Kinder zur Welt zu bringen. Durch den Einsatz von Schwester Mary, ihren Helfern und einer Hebamme, die für das Heim arbeitet, könne eine Versorgung von Mutter und Kind gewährleistet werden. Zwar mache die in Afrika allgemein hohe Säuglingssterblichkeit auch vor dem Waisenhaus nicht halt, es konnten durch die guten hygienischen Standards und die Betreuung jedoch schon viele Kinder gesund aufwachsen. Diese wurden teilweise über Jahre betreut und sind heute nicht selten tatkräftige Mitarbeiter des Hauses.
Neben einem Waisen- und Kinderheim, einem Geburts- und einem Frauenhaus ist die Einrichtung aber längst auch eine Anlaufstelle für die vielen Armen der Region geworden. Einmal in der Woche veranstaltet Sschwester Mary mit vielen Unterstützern auch eine Armenspeisung in den Nachbargemeinden. Für Kinder, die im Heim gelebt haben und die nun wieder bei ihren Familien wohnen, wird darüber hinaus das für viele Nigerianer nicht aufzubringende Schulgeld bezahlt.
Viele berührende Einzelschicksale steckten hinter den Bildern, die den Teilnehmern der Versammlung gezeigt wurden, aber es gab auch ermutigende Berichte über Hilfen, die in vielen Fällen erfolgreich waren. Dass solche Hilfen auch in Zukunft übernommen werden können, dafür sorgen die vielen Spender aus Kolbermoor, die teilweise auch symbolische Patenschaften für Kinder aus dem Waisenhaus übernommen haben.
Dass mit der Hilfe der Kolbermoorer über die Jahre die stolze Summe von 300 000 Euro zusammengebracht werden konnte und somit das einzige Waisenhaus in ganz Nigeria, das europäische Standards hinsichtlich Hygiene und Versorgung erfüllt, errichtet werden konnte, hob Schwester Mary im Gespräch mit Besuchern immer wieder mit besonderem Dank hervor. Um auch in anderen Regionen diese Entwicklung voranzutreiben, wurde in Nigeria eigens ein Waisenhausverband gegründet, dessen Vorsitzende Schwester Mary seit einiger Zeit ist.
,,Ein Kind zu retten, bedeutet die Welt zu retten!“: Diesen Ausspruch von Fjodor Dostojewskij haben sich die Mitglieder des Fördervereins zum Motto gemacht. Die ,,Madonna Angels“, ihr Projekt und alle Kolbermoorer mit ihren Spenden setzen, das wurde bei dieser Veranstaltung deutlich, wirksam in die Tat um, was in der heutigen Zeit immer mehr an Bedeutung gewinnt. Sie leisten „Hilfe zur Selbsthilfe“ – und bekämpfen damit die Armut als eine der häufigsten Fluchtursachen.